Technologie · · Zielgruppe: AR-Interessierte

Augmented Reality in der Bildung – der aktuelle Stand

AR Experte Matthias Hamann

Matthias Hamann

Augmented Reality ist in vielen Lebensbereichen nützlich. Die Technologie wertet das Shopping-Erlebnis durch virtuelle Anproben auf, vereinfacht Wartungsvorgänge in der Industrie und sorgt in Werbekampagnen für deutlich höheres User-Engagement. Auch in der Bildung und im Bereich der Forschung gibt es zahlreiche spannende Anwendungsmöglichkeiten mit konkreten Vorteilen – In diesem Artikel möchten wir einen Überblick geben, einige Szenarien vorstellen und unsere Erfahrungen teilen.

Fakten auf einen Blick

In der nachfolgenden Tabelle haben wir die wichtigsten Punkte zusammengefasst. Weiter unten findest du detaillierte Informationen.

AR-Aspekte Vorteile im Bildungswesen
Interaktives Lernen Verbessert Engagement und Partizipation, fördert aktives Lernen, ermutigt zum Erforschen und zur Neugierde
Visualisierungen und Simulationen Komplexe Konzepte werden leichter verständlich, Szenarien aus der realen Welt können simuliert werden, praktisches Lernen ohne physischen Aufbau
Personalisierte Bildung Maßgeschneiderte Inhalte für einzelne Lernende, adaptive Lernwege, Berücksichtigung unterschiedlicher Lernstile
Zusammenarbeit und Engagement Gruppenaktivitäten in einem gemeinsamen AR-Raum, Fernunterricht mit Immersionseffekt, Förderung von Teamarbeit und Kommunikation
Eintauchen in Geschichte und Kultur Virtuelle Zeitreisen zu historischen Ereignissen, Kulturen hautnah erleben, Empathie und globales Verständnis fördern
Exkursionen und Erkundungen Virtuelle Exkursionen zu entlegenen Orten, Studium von Ökosystemen, Sehenswürdigkeiten und mehr, kostengünstige und sichere Alternative
Komplexe Datenvisualisierung Abstrakte Daten anschaulich visualisieren, Datenmuster analysieren und verstehen, Datenkompetenz verbessern
Karriere und Ausbildung Simulierte berufliche Aufgaben und Szenarien, Entwicklung berufsspezifischer Kompetenzen, realistisches Training ohne Konsequenzen
Sonderpädagogische Förderung Multisensorisches Lernen für besseres Behalten, anpassbare Lernerfahrungen, Hilfsmittel für Menschen mit Behinderungen
Motivation und Engagement Gamification-Elemente erhöhen die Motivation, Herausforderungen und Belohnungen beim Lernen, fördern kontinuierliches Lernen

Erweitertes Lernerlebnis

Immersion ist das entscheidende Stichwort, wenn wir von Augmented Reality im Zusammenhang mit dem Lernen sprechen. Was früher unter Slogans wie „Mathematik zum Anfassen“ lief und unter Rückgriff auf physisches Lernspielzeug stattfand, erhält heute dank der erweiterten Realität und digitaler Medien eine ganz andere technische Grundlage.

Mittels erweiterter Realität lassen sich virtuelle Inhalte in die echte Umgebung integrieren. Für das Lernen bietet dies ungeahnte Möglichkeiten. Kostspielige Aufbauten im Lernumfeld gehören der Vergangenheit an. Zum Anfassen sind die digitalen Inhalte trotzdem, denn sie tauchen dreidimensional vor den Schülern und Lernenden im Raum auf. Die dafür notwendige Technik wie Smartphones oder Datenbrillen kostet immer weniger, weshalb die Methodik eine zunehmend hohe Verbreitung genießt.

Welche Vorteile bringt Augmented Reality für den Unterricht?

Augmented Reality gilt als Schlüssel zu einem effizienten und einprägsamen Lernen. So lassen sich beispielsweise 3D-Objekte, Animationen und andere digitale Bausteine nutzen, die das Lernen zu einem interaktiven Erlebnis machen – und dadurch das Verständnis massiv fördern. In Schulbüchern tauchen QR-Codes auf, die Schülerinnen nur mit ihrem Gerät scannen müssen, um sofort Zugang zu den AR-Lerninhalten zu erhalten. Damit ist eine nahtlose Einbindung in den bestehenden Unterricht möglich und bereits heute sind immer mehr Klassen der Mittelstufe mit bereitgestellten Tablets ausgestattet.

Die interaktiven Lerninhalte können zudem dazu beitragen, Lehrkräfte wesentlich zu entlasten. Das ist ein entscheidender Vorteil in Zeiten des Lehrkräftemangels. Weiterhin lässt sich die immersive Lernmethodik standortunabhängig durchführen. Augmented Reality eignet sich ideal, um Ideen zu visualisieren und das Vorstellungsvermögen der Lernenden zu unterstützen. Damit lassen sich kognitive Barrieren leichter überwinden. Durch die hohe Intensität des Erlebnisses verankert sich das erlernte Wissen besser. Das ist auch in der beruflichen Bildung ein entscheidendes Argument, wenn es darum geht, das erworbene Wissen über Jahre hinweg abrufbar zu halten.

Chancen und Möglichkeiten

Die Technologie bietet in Verbindung mit dem Lernen vielfältige Möglichkeiten. Google Lens zum Beispiel überwindet Sprachbarrieren in Echtzeit. Geraten fremdsprachige Texte in das Blickfeld der Kamera, beginnt sofort der Übertragungsprozess. Auf diese Weise können Schüler ihre eigenen Übersetzungen auch ohne Hilfe der Lehrkraft direkt überprüfen.

Mittels AR lassen sich virtuelle Anleitungen erstellen und Strukturen anhand virtueller Hologramme studieren. Die Abläufe von Arbeitsprozessen vermittelt AR auf einfache und intuitive Weise. Dadurch lassen sich neue Mitarbeiter, wie zum Beispiel Mechanikerinnen und Mechaniker viel schneller in den produktiven Arbeitsalltag integrieren.

Angehende Mediziner lernen zukünftig am virtuellen Herzen. Die Organe lassen sich drehen und von allen Seiten betrachten, Vergrößerungen wichtiger Bereiche sind jederzeit möglich. Grenzen sind hier nur gesetzt durch die Auflösung bzw. durch den Detailgrad der digital vorliegenden Informationen. Universitäten und Kliniken müssen dafür wenig investieren und erhalten alle Vorteile dreidimensionaler Objekte als Lern- und Forschungsgegenstände.

Erweiterte Realität in der Schule

Der Einstieg in das Lernen mit AR fällt im schulischen Umfeld leicht. Denn jeder Schüler hat zumindest ein eigenes Smartphone. Hinzu kommt eventuell die Ausstattung mit Tablets durch die Schule. Diese mobilen Endgeräte sind mit AR-Anwendungen kompatibel. Es ist aber nicht zwingend erforderlich, dass jedes Kind über ein Gerät verfügt. Denn AR-Elemente eignen sich hervorragend für die Gruppenarbeit.

Augmented Reality bietet die Möglichkeit, Animationen, Texte und Videos für die Erweiterung oder Überlagerung der Realität zu verwenden. Im Schulalltag ist das besonders nützlich, um reale Sachverhalte um digitale Informationen zu ergänzen. Im Chemie- oder Physikunterricht lassen sich Moleküle oder physikalische Gesetzmäßigkeiten. Insgesamt entstehen neue und interaktive Formate der Wissensvermittlung.

Erweiterte Realität in der Forschung

Im Bereich der Forschung fristete die erweiterte Realität zwar länger ein Nischendasein. Das ändert sich aktuell aber und es tauschen auch in diesem Feld interessante Anwendungen auf. Denn AR kann Forschern dabei helfen, tiefere Einsichten in ihren Forschungsgegenstand zu erhalten.

Das Benaroya Research Institute in Washington hat die Technologie zum Beispiel bereits für die Visualisierung von Lysosomen in einer Zelle verwendet[1]. Das ermöglichte es den Anwendern, die komplexen Vorgänge in den Zellen besser nachzuvollziehen. Grundsätzlich machen dreidimensionale Modelle häufig Erkenntnisse zugänglich, die auf zweidimensionalen Darstellungen verborgen bleiben. Dass die Technologie in diesem medizinischen Forschungsbereich zuerst Anwendung findet, ist wenig überraschend. Denn es sind gerade Chirurgen, Ärzte und andere Praktiker aus der Medizin, die entsprechende Apps bereits häufig als Endanwender nutzen.

Beispiele für AR in der Bildung

Beispiel 1: AR in Schulbüchern

Verlage wie Klett, Cornelsen, Diesterweg und Schroedel haben damit begonnen, in ihren Schulbüchern AR-Einblendungen über entsprechende Apps zu ermöglichen. Die Schüler erhalten die Möglichkeit, direkt im Buch Zusatzinformationen abzurufen und sich in ihrem Sichtfeld anzeigen zu lassen. Bei Klett beispielsweise heißt dieses Angebot Klett Augmented. Es bietet die Möglichkeit, alle für ein bestimmtes Lehrbuch verfügbaren Mediendaten jederzeit abrufbar zu halten. Die App ist speziell auf den Einsatz im Klassenraum ausgelegt. Bei Cornelsen wiederum heißt diese Technologie sinnigerweise BuchTaucher. Für das Eintauchen genügt es, eine Doppelseite mit dem Mobilgerät zu scannen, um passende Inhalte abzurufen.

Beispiel 2: Geschichte der Berliner Mauer erleben mit MauAR

Eine besondere Bedeutung könnte Augmented Reality im Geschichtsunterricht an den Schulen und anderen Bildungseinrichtungen erlangen. Ein schönes Beispiel dafür ist die App MauAR[2], die rund 160 Kilometer des Verlaufs der ehemaligen Berliner Mauer nachvollziehbar macht. Per GPS-Marker zeigt die App die Modelle genau dort an, wo die 1989 gefallene Mauer stand. Die App eignet sich daher zum Beispiel für den Einsatz im Rahmen von Exkursionen, um diese Informationen direkt vor Ort zugänglich zu machen und die Lehrkräfte zu unterstützen. Die App visualisiert, wie sich anfangs simple Stacheldraht-Hindernisse zu einem komplexen Grenzsperrsystem entwickelt haben.

Beispiel 3: MergeCubes – AR-Erfahrungen für Grundschüler

Selbst die jüngsten Teilnehmer im Bildungssystem können von AR profitieren. Ein Beleg dafür liefern die aus Schaumstoff gefertigten MergeCubes. Sie funktionieren im Zusammenhang mit der Merge EDU App. Das Kind richtet die Kamera des Mobilgeräts auf den Würfel und kann mit den dargestellten Inhalten wie 3D-Modellen interagieren, indem es den Würfen in der Hand manipuliert und zum Beispiel dreht und damit zu einem spielerischen Lernen gelangt.

Komplexes einfach erklärt

Augmented Reality kann dazu genutzt werden, komplexe Dinge visuell darzustellen. Wir haben bereits mehrere spannende Projekte umgesetzt. Gerne helfen wir auch dir dabei, eine AR Anwendung zu Bildungszwecken zu entwickeln. Sprich uns an oder schau dir unsere bisherigen Projekte an.

Voraussetzungen in der Praxis

Anwender wie Schulen stellen ihre eigenen Anforderungen an AR. Neben den allgemeinen Voraussetzungen wie der Bereitstellung der Hardware zum Beispiel in Form von Tablets sind zum Beispiel Aspekte wie die Datensicherheit zu berücksichtigen. In einer Lernumgebung ist es besonders wichtig, dass alle Teilnehmer geschützt sind und private Daten nicht an Unbefugte gelangen. Daher ist es zwingend erforderlich, dass die AR-Anwendungen DSGVO-konform ausgelegt sind.

Zu den Voraussetzungen in der beruflichen Bildung gehört, dass in einem ersten Schritt die Digitalisierung der gewünschten Lerninhalte erfolgen muss. Bei der Ausbildung von Mechanikern oder Chemikanten zum Beispiel müssen die entsprechenden 3D-Modelle erst einmal vorliegen, die dann im Rahmen der AR-App Verwendung finden. Hier sind eventuell Anfangsinvestitionen erforderlich. Häufig existieren aber schon 3D- oder CAD Daten, auf die sich für die Aufbereitung von Lerninhalten in der Regel gut aufbauen lässt.

Herausforderungen für die Implementierung

Obwohl Augmented Reality (AR) ein großes Potenzial für den Bildungsbereich hat, stehen Schulen und Universitäten bei der Einführung dieser Technologie vor einer Reihe von Herausforderungen:

  • Kosten: Die Implementierung von AR-Technologie kann kostspielig sein, und nicht alle Schulen und Universitäten verfügen über das notwendige Budget, um die erforderliche Hardware und Software anzuschaffen (oder gar entwickeln zu lassen).
  • Technisches Know-how: Die Implementierung erfordert technisches Fachwissen, das nicht in allen Bildungseinrichtungen leicht verfügbar ist.
  • Erstellung von Inhalten: Die Erstellung von qualitativ hochwertigen AR-Inhalten kann zeitaufwendig sein und erfordert spezielle Kenntnisse, die nicht unbedingt intern vorhanden sind. Als Resultat müssen Inhalte teuer eingekauft werden.
  • Infrastrukturbeschränkungen: Die effektive Nutzung von Augmented Reality erfordert eine Hochgeschwindigkeits-Internetverbindung, und einige Bildungseinrichtungen verfügen möglicherweise nicht über die erforderliche Infrastruktur.
  • Datenschutz und Sicherheit: Anwendungen und Apps können eventuell Daten über die Nutzer sammeln, und Bildungseinrichtungen müssen sicherstellen, dass diese Daten sicher gespeichert werden und die Privatsphäre der Nutzer geschützt ist. Insbesondere, wenn die Nutzer minderjährig sind.
  • Barrierefreiheit: AR-Technologie kann den Zugang zur Bildung erleichtern, aber auch Barrieren für Lernende mit Behinderungen schaffen, wenn sie nicht barrierefrei gestaltet ist.
  • Pädagogische Überlegungen: Der effektive Einsatz von AR im Bildungsbereich erfordert eine sorgfältige Prüfung, wie sie die Lernziele unterstützt und mit pädagogischen Ansätzen vereinbar ist.

Insgesamt bietet Augmented Reality viele Vorteile, aber Bildungseinrichtungen müssen die Herausforderungen, die mit der Implementierung dieser Technologie verbunden sind, sorgfältig bedenken und entsprechend planen, um eine erfolgreiche Einführung und Nutzung zu gewährleisten.

Augmented und Virtual Reality

Wie so oft stellt sich die Frage, welche dieser beiden Technologien ist eigentlich für den Anwendungszweck besser geeignet? Augmented und Virtual Reality bieten beide ihre Vor- und Nachteile - wie also entscheiden?

Virtual Reality kommt mit einem großen Nachteil: Die Hardware!

Für die Verwendung von VR ist ein Headset notwendig, während AR Apps und Anwendungen mit den meisten Smartphones genutzt werden können. Etwas, das die meisten Schüler ohnehin bereits haben.

Entwicklung von AR-Anwendungen

Sobald die Anforderungen an die AR-Lösung für den Einsatz in der Bildung definiert sind, erfolgt die Umsetzung in einer entsprechenden Anwendung. Gerade im schulischen und Ausbildungsbereich ist es besonders wichtig, dass eine enge Abstimmung mit dem Entwicklerteam stattfindet. Denn hier sind häufig strengere Anforderungen an Sicherheit, Datenschutz und Qualität zu erfüllen als bei normalen Konsumenten-Apps. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Ersteller der Anwendung ist daher entscheidend für den Erfolg bei der Erstellung einer Augmented Reality App oder Anwendung und der Einführung im Unterricht.

Fazit

AR-Inhalte finden immer häufiger ihren Weg in die Klassenzimmer oder betriebliche Ausbildungsstätten. Die Vorteile dieser Technologie sind vielfältig und der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Noch sind im Bereich der Bildung aber nur wenige, vereinzelte Lerninhalte und Testballons anzutreffen – für einen systematischen und umfassenden Einsatz dieser und anderer digitaler Technologien fehlt es aus unserer Sicht noch an umfassenden, kreativen und durchdachten Konzepten.
Das Schulsystem in Deutschland ist mitunter nach wie vor recht träge und nicht in allen Bereichen innovationsfreundlich. Auch herrschen bei vielen älteren Lehrkräften Vorbehalte gegenüber digitalen Technologien oder diese werden stark mit klassischen Lerninhalten verglichen. Der Mehrwert für die Lernenden bietet sich jedoch aus dem interessanten Mix aus Lerninhalten. Eine Exkursion in den Wald ist wichtig, das Anfassen bleibt für den Menschen elementar in Bezug auf das Lernen. All diese Dinge sollten nicht ersetzt werden, sondern lediglich – da, wo es sinnvoll ist – ergänzt werden.
Wie fast überall im Leben heißt es also auch hier: “Der Mix macht’s!”

 

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Mehr über uns, unsere Arbeit und einige coole Projekte
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Matthias
Matthias Hamann
Digitale Konzeption

Über den Autor

Ich schreibe über meine Leidenschaften Technologie und digitale Strategie. Du möchtest mehr über meine Arbeitsweise und Projekte erfahren?

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